In der Welt des Online-Business offenbaren viele ihren Umsatz auf LinkedIn – eine vermeintlich mutige Geste, die jedoch mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Als mir kürzlich eine Kollegin offenbarte, dass sie sich dank ihres im Vergleich zu meinem höheren Umsatzes erfolgreicher fühle, regte mich das zum Nachdenken an.
Ist die Umsatzzahl wirklich der Gradmesser für Erfolg? In diesem Artikel nehme ich dich mit hinter den Kulissen des Erfolgs und zeige, dass wahre Unternehmenserfolge mehr sind als nur nackte Zahlen.
Das war ja mutig, dass du auf Linkedin deinen Umsatz öffentlich gemacht. Ich hätte gedacht, dass du mehr Umsatz als 120.000 Umsatz gemacht hast. Da habe ich im Vergleich mehr. Jetzt fühle ich mich gleich erfolgreicher. Ich habe aber auch mehr als 32 Stunden gearbeitet. Und 10.000 EUR jeden Monat ist ja schon ziemlich gut.
Eine Kollegin bei einem Telefonat kürzlich zu mir.
Das fand ich superspannend! Ihre Aussage wirkte in mir nach. Für mich steckten da gleich mehrere Fragen und Themen drin:
Ist es mutig, seinen Umsatz auf Linkedin zu veröffentlichen?
Mut suggeriert, dass es heikel sein könnte. Ich habe kein Problem damit, wenn Leute meinen Jahresumsatz kennen. Er ist nur eine von vielen Unternehmens-Kennzahlen. Ich denke auch, dass mehr Transparenz in Sachen Geld vielen Selbständigen guttun würden. Meines Erachtens wird – gerade im Online-Business – allzu oft propagiert, dass sechsstellige Einkünfte das Minimum sind und dass permanentes Wachstum in Form von Umsatz wichtig sei. Es wird kaum hinterfragt. Es wird auch sonst nicht über Geld gesprochen. Dieses Tabu schadet mehr, als dass es nützt. Lasst uns mehr über Geld und nackte Zahlen reden! Das heißt aber nicht zwingend, dass du in Sachen Umsatzzahlen irgendwo deine Hosen herunterlassen musst.
Was sagt die Umsatzhöhe über den Erfolg oder Nicht-Erfolg eines Unternehmens aus?
Der Umsatz sagt erst einmal gar nichts. Er sagt nichts darüber aus, ob eine oder mehrere Personen diesen Umsatz erwirtschaftet habe. Er sagt nichts über den durchschnittlichen Umsatz pro Kunde oder Auftrag aus. Er sagt nichts über das Geschäftsmodell aus. Er sagt nichts über die Arbeitszeit aus, in der der Umsatz erwirtschaftet wurde. Er sagt nichts über den erwirtschafteten Gewinn aus. Nichts über den Zufriedenheitsgrad der Kund:innen, über Empfehlungsraten oder die Häufigkeit von Wiederbeauftragungen. Nichts über die Nachhaltigkeit des Umsatzes.
Wer misst seinen Erfolg in Umsatz?
Umsatz ist vor allen Dingen ein Erfolgsmaßstab, den man an andere anlegt. Fragt man Selbständige nach ihrer persönlichen Definition von Erfolg, kommen viele Antworten, nur keine Umsatzzahl. Gerade für Selbständige ist Erfolg eher ein Gefühlszustand als eine Zahl. Meine Gesprächspartnerin fühlte sich offensichtlich vor unserem Gespräch trotz höherem Umsatz nicht so erfolgreich wie nach dem Austausch. Am Umsatz allein kann es nicht gelegen haben.
Erfolg ist keine Zahl
Für mich persönlich bedeutet Erfolg, die mir gesetzten Ziele entspannt zu erreichen. Eines meiner Ziele in 2023 war zum Beispiel: Ich möchte eine 32-Stunden-Woche. Das Ziel habe ich erreicht. Ein anderes Ziel war: Ich möchte meine 1:1 Kund:innen noch besser im Prozess begleiten. Auch dieses Ziel habe ich erreicht, in dem ich die Dokumentation, Führung und Tools verbessert habe und weniger Unternehmer:innen begleite. Hatte das Einfluss auf den Umsatz? Na klar. Zudem war ich drei Wochen krank mit Corona und habe erstmals acht Wochen Urlaub gemacht. Das heißt bei weniger Arbeitszeit und weniger Aufträgen, habe ich den Umsatz insgesamt im Vergleich zum Vorjahr leicht gesteigert. Das ist für mich persönlich ein Erfolg. Das kann man aber nicht aus der Zahl selbst herauslesen. Gleichzeitig habe ich nicht jeden Monat 10.000 EUR Einnahmen gehabt, sondern schwankend mal mehr und mal weniger. Das soll sich in 2024 ändern. Denn gleichmäßigere Liquidität erleichtert die Unternehmensplanung.
Warum ist der Umsatz dennoch eine wichtige Unternehmenskennzahl?
Der Umsatz ist die Kennzahl, die dir unmittelbar deinen Vertriebserfolg spiegelt. Umsatz ergibt sich aus bezahlten Rechnungen. Es reicht allerdings nicht, nur einmal pro Jahr auf den Umsatz zu schauen, besser ist es jeden Monat oder auch jede Woche. Mein Geschäftsmodell besteht zu einem kleineren Anteil aus wiederkehrenden Einkünften aus dem Abomodell dieses Clubs, zu einem größeren Teil aus Beratungshonoraren. Letztere genieren eher volatil Einnahmen, da ich nicht jeden Monat eine Rechnung schreibe, da die Prozesse unterschiedlich lang dauern. So kommen die Schwankungen zustande. Um mein Ziel der gleichmäßigeren Liquidität zu erreichen, möchte ich den Anteil vom skalierbaren Geschäftsmodell ausbauen. Auch hier arbeite ich nicht auf den Umsatz hin, sondern darauf, das Onboarding und die User Experience innerhalb unseres Clubs zu verbessern. Mehr Umsatz wird die Folge sein, wenn uns das gut gelingt.
Wann ist es genug?
Diese Frage kann jede:r Unternehmer:in nur individuell für sich beantworten. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, wie ich jetzt und im Alter leben und wie ich arbeiten möchte. Daraus ist das Slow Growing Manifesto enstanden.
Dieser Work-Life-Style verursacht bestimmte Kosten für Lebenshaltung, Vorsorge und Unternehmensführung. Diese muss ich mit meinem Unternehmen erwirtschaften. Für mich sind durchschnittlich 10.000 EUR Umsatz netto pro Monat genug, um mir dieses Leben und Arbeiten zu ermöglichen. Ich muss in keinen Wettstreit mit anderen Menschen auf Linkedin gehen.
Und natürlich darf es auch gerne mehr werden, denn es gibt kein Grundrecht darauf, dass alles so bleibt wie es ist. Sehr wahrscheinlich wird es ohne mein Zutun sogar eher weniger. Deshalb entwickle ich mich persönlich kontinuierlich weiter. Diese Form von Wachstum lässt sich weder zählen noch mit anderen vergleichen. In meinem #reflectandlearns erkenne ich über die Zeit die Entwicklung.
Wie ist es bei dir? Sprichst du offen über deinen Umsatz oder überhaupt über Geld? Woran misst du deinen unternehmerischen Erfolg? Woran den anderer? Ich bin sehr gespannt auf deine Antworten.
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